– Alle sollen zahlen, damit Rüstungsmaschine läuft. Bauern haben die Schnauze voll –
Kevin Kühnert, Generalsekretär der SPD, hatte die Parole zum Jahresende ausgegeben: Wer Kritik an den Sparplänen der Regierung hat, soll sagen, wo denn sonst gestrichen werden soll. Mit Blick auf die Bauernproteste im Dezember meinte er: „Es wäre jetzt die Zeit für anderslautende Vorschläge.“ Entscheidend sei dabei immer die Gegenfinanzierung. Denn eins ist klar: Die Kriegsmaschine muss laufen.
Eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (BSW) offenbarte einen neuen Rekord der Rüstungsexporte. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Anstieg 40 Prozent. Mehr als ein Drittel der genehmigten Ausfuhren ging mit 4,15 Milliarden Euro an die Ukraine. Die Ausfuhren nach Israel haben sich verzehnfacht.
Während die Rüstungsindustrie feiert, trifft das Abwälzen der Kriegs- und Krisenlasten nicht nur die Arbeiterklasse. Sie trifft mit Wucht auch Kleingewerbetreibende, Handwerker, Bauern und Teile der Intelligenz. Nun rufen die Bauern zu bundesweiten Protesten auf. Am 8. Januar soll ein dezentraler Aktionstag in den Landeshauptstädten stattfinden, am 15. Januar geht es nach Berlin.
Die bürgerliche Presse bangt vor einem Stillstand der Republik: Die Bauern mit ihren Traktoren, unterstützt von Logistikunternehmen und den Lokführern der GDL, legen alles lahm.
Die Bauern gehen zu Recht auf die Straße. Die geplante Streichung von Agrarhilfen, unter anderem der Dieselzuschüsse, wird sie massiv treffen und zu einem weiteren Sterben ihrer Höfe und zur weiteren Monopolisierung führen.
Die Rücknahme der Energiepreisbremse trifft uns alle. Bauern und Kleingewerbetreibende treffen die hohen Energiepreise aber in besonderem Maße, da sie nicht nur selbst heizen und tanken müssen, sondern auch für ihr jeweiliges Gewerbe Energie benötigen. Die Erhöhung der CO2-Abgabe und der Maut können die großen Logistiker möglicherweise verkraften, deren Subunternehmer und die Endverbraucher können es nicht.
Ähnlich wie bei den Bauern wird das auch in der Logistikbranche zu höheren Preisen und weiterer Monopolisierung führen. Die Rücknahme des gesenkten Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie wird tausende Restaurants und Kneipen kaputt machen – noch mehr Menschen werden sich das „Essen-Gehen“ nicht mehr leisten können.
Widerstand ist in allen Fällen begründet und berechtigt. Der Kriegs- und Krisenkurs des Monopolkapitals und seiner Regierung bringt immer größere Teile der Bevölkerung in eine objektive Gegnerschaft zu ihnen. Das ist eine gute Grundlage für antimonopolistische Bündnisse. Gleichzeitig aber gibt es eine subjektive Schwäche solcher Bündnisse – die derzeitige Schwäche der Arbeiterklasse. Ihre Organisationen, die Gewerkschaften, sind weitgehend eingebunden in den Kurs von Monopolkapital und Regierung. Sie schweigen zu den Protesten der Bauern und nehmen damit auch die Gefahr in Kauf, dass sie von rechten Kräften genutzt werden.
Die Bauern haben unsere Solidarität verdient, genau wie die Menschen, die ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr zahlen können, und die Opfer der Pläne von Arbeitsminister Heil, der Erwerbslose durch Sanktionen ins Elend stoßen will. Die Regierenden werden das versuchen, was Kevin Kühnert ausgesprochen hat. Sie wollen die Betroffenen des Kahlschlags spalten und gegeneinander ausspielen. Ebensolche Spalter sind diejenigen, die jetzt mit Slogans wie „Deutschland zuerst – Wir sind das Volk“ zu den Protesttagen am 8. und 15. Januar mobilisieren.
Ihnen das Feld zu überlassen wäre falsch. Solidarität wie die von den Handwerkern für den Frieden ist angesagt. Solidarität heißt keinesfalls Verzicht auf unsere Inhalte. Wir wollen nicht nur wütende Bauern, sondern Traktoren gegen den Kriegskurs. Unsere Hauptaufgabe bleibt der Kampf gegen die Integration weiter Teile der Arbeiterbewegung in den Kriegs- und Krisenkurs der Herrschenden. Denn je stärker die Arbeiterbewegung zum Kern antimonopolistischer Bewegung wird, desto besser ist deren Perspektive.