Der 8. Mai, der Tag der Befreiung vom Faschismus, in Sachsen

Ca. 60 Menschen kamen in Chemnitz am Sowjetischen Ehrenhain zusammen, um des 77. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus zu gedenken. Es sprachen unter anderem Klaus Bartl von der Partei die Linke und die Sekretärin des russischen Konsulats in Leipzig.

In Rochlitz trafen sich Mitglieder der Partei die Linke, DKP und Kuhle Wampe, sowie eine Schülervertretung des Johann-Mathesius-Gymnasiums und gedachten des Sieges über den Hitlerfaschismus und der Beendigung des 2.Weltkrieges. Es sprach Robert Sobolewski, Mitglied des Stadtrates und eine Vertreterin der SchülerInnen des Gymnasiums.

In Dresden trafen sich am 8. Mai Antifaschisten zu einer Kundgebung auf dem Olbrichtplatz am Sowjetischen Ehrenmal. 

Eigenbericht: Gerd Hommel

 

»Jeder Mensch, der die Freiheit liebt, verdankt der Roten Armee mehr als er ihr jemals im Leben zurückzahlen kann.«

– Ernest Hemingway

 

Mein Dank an die Heldentat der Roten Armee und die Sowjetvölker ist auch ganz persönlicher Art:

Ohne den militärischen Sieg über die faschistische deutsche Wehrmacht und die Vernichtung des Faschismus als Machtsystem des Kapitalismus in seinem höchsten Entwicklungsstadium hätte ich keine Chance gehabt, den Aufbruch in die neue Gesellschaft des Sozialismus zu erleben. Die Deutsche Demokratische Republik wurde mein Heimatland.

Meine Eltern waren Arbeiterkinder und erlebten in der Arbeiterjugend eine hoffnungsvolle Jugendzeit mit Engagement gegen die kapitalistische Ausbeutung und die Militarisierung in Vorbereitung des Feldzuges zur Vernichtung der jungen Sowjetunion.

Logisch: Vater beteiligte sich am organisierten antifaschistischen Widerstand, wurde verraten, vom Sondergericht Freiberg wegen Landesverrat verurteilt und in Bautzen inhaftiert. Nach Verbüßung der Haft folgten Jahre der Arbeitslosigkeit und Polizeiaufsicht. 1943 wurde er als „wehrunwürdig“ in das Strafbataillon 999 „eingezogen“, nach „Ausbildung“ auf Heuberg (Schwäbische Alb) auf die Insel Cos verbannt. Im Frühjahr 1945 am missglückten Selbstbefreiungsversuch beteiligt, entging er der Hinrichtung durch Flucht mit einem Schlauchbot (mit drei weiteren Sträflingen) in Richtung Türkei.

Von einem britischen Küstenschiff wurden die Desertierten fast entkräftet in einem Lager interniert, das von deutschen U-Boot-Offizieren „selbstverwaltet“ wurde. Antifaschisten wurden von ihnen auf dem Prügelbock als Verräter geschunden. Seit Jahresanfang 1945 kamen keine (geschwärzten) Feldpostbriefe mehr in Dresden an. Vom Schicksal der 999 er war nichts bekannt. Doch gab es in der Familie eine Ahnung, es könnte angesichts des nahenden Kriegsendes ein Unheil geschehen sein. Mir war achtjährig nicht entgangen, dass die Mutter nachts unter einer Decke Radio BBC abhörte und sich mit einem Freund besprach, der von Berufs wegen UK gestellt und noch nicht zur Wehrmacht eingezogen war.

Diese Zusammenhänge wusste ich damals nicht wirklich, sondern bekam die Gegnerschaft zu Hitler-Diktatur, Krieg und Verfolgung sowie das bevorstehende Ende über die Gefühle im Mutter-Sohn-Verhältnis vermittelt. Einmal wurde ich unvorsichtig und grüßte den Oberlehrer nicht wie gefordert mit „Heil Hitler“, sondern mit „guten Tag“. Folge: Vortreten vor die Klasse und dann ging der Rohrstock über die vorzustreckenden Finger nieder. Wirklich schmerzhaft.

 

Der 8. Mai 1945 war ein Dienstag. In Dresden-Niedersedlitz schien die Sonne mit der Nachricht:

Der Krieg ist aus! Die Rote Armee hat Dresden erreicht. Hausleute waren in Angst: „Die Russen kommen“. Die Mutter war nicht in Angst und wir gingen an die Straße (Bismarckstraße).

Am Vormittag rollten einige Panzer mit aufsitzenden Rotarmisten und Pferdewagen auf der Straße in Richtung Pirna. Erst später erfuhr ich, dass sie im „Eilmarsch“ nach Prag waren, den Prager Aufständischen zu Hilfe zu kommen, um das Abschlachten durch dort noch starke Wehrmacht- und SS-Verbände zu verhindern. Einige Nachbarn des Wohngebietes waren ebenfalls an die Straße gekommen, Frauen und Kinder, die winkend wie wir die Soldaten grüßten. Unser befreundeter Nachbar Gustav flaggte rot aus dem Fenster (ohne Fleck von herausgetrenntem Hakenkreuz).

Welches Schicksal hätte meine Familie ohne den Sieg der Sowjetarmee haben können? Das wurde mir erst in den Folgejahren durch Erkenntnis aus Beispielen und durch Studium der Geschichte bewusst. In unserem Bekanntenkreis gab es eine Familie. Der junge Familienvater beendete den Krieg und wechselte die Front zur Sowjetarmee. Die Familie wurde liquidiert. Die Ehefrau wurde in ein KZ verschleppt. Vorher wurde sie „entmündigt“, die Kinder entführt und zur „nationalpolitischen Erziehung“ ein Kind in ein Heim und ein Kind in eine Nazifamilie gegeben.

Das Kriegsende verhinderte dieses Schicksal für meine Familie. Mit 14 Jahren wurde ich als Angehöriger eines Widerstandskämpfers und unter der Obhut meiner mutigen Mutter Mitglied der VVN.

Der Tag der Befreiung vom Faschismus und des Kriegsendes wurde so zu meinem zweiten Geburtstag mit Familie. Das ist AUCH EIN PERSÖNLICHER Grund; die neue Initiative von VVN-BdA zu unterstützen: Der 8. Mai muss bundesweiter Feiertag werden!

Dank den Befreiern,

Ehre den für die Befreiung gefallenen Sowjetsoldaten und den

Sowjetvölkern,

Gelöbnis: Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!