Den Endsieg. War es doch nicht das was die deutschen Nazis immer wollten? Am 9. Mai 1945, 0.43 Uhr hatten sie ihn. Allerdings etwas anders als sie sich ihn vorstellten.
Punkt 1 der Kapitulationsurkunde lautet:
„Wir, die hier Unterzeichneten, die wir im Auftrage des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht handeln, übergeben hiermit bedingungslos dem Obersten Befehlshaber der Alliierten Expeditionsstreitkräfte und gleichzeitig dem Oberkommando der Roten Armee alle gegenwärtig unter deutschem Befehl stehenden Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft“
Dem vorausgegangen, als letzter Akt so zusagen, war die „Operation zur Zerschlagung der Berliner Gruppierung“ oder einfacher gesagt, die Schlacht zur Einnahme Berlins. Es galt den Faschismus endgültig auszumerzen.
Unter den wuchtigen Schlägen der Roten Armee schrumpfte das „Großdeutsche Reich“ territorial immer weiter zusammen. Anfang April waren die Vorbereitungen zur Berliner Offensive im vollen Gang. Die Planungen waren weitestgehend abgeschlossen. Hiernach war vorgesehen, die Erste Ukrainische Front unter dem Kommando von Marschall Konew stößt vom Süden her vor, die Erste Belarussische Front unter dem Kommando von Marschall Shukow, von Küstrin über die Seelower Höhen und die Zweite belarussische Front sollte die Flanke Shukows decken. Diese wurde aber aufgehalten und konnte erst 4 Tage später in die Kampfhandlungen eingreifen. Es waren große Menge an Kampfmitteln heranzuschaffen und dies möglichst unerkannt. Pioniereinheiten stellten die Eisenbahngleise bis an die Oder auf sowjetische Spurweite um. Allein die Gesamtlänge aller Güterzüge betrug 1 200 km. Die rückwärtigen Diensten leisteten Großartiges. Unter anderem wurden 7 147 000 Artilleriegeschosse transportiert. Um den Überraschungsmoment nicht zu gefährden war dies Alles nur in den Nachtstunden zu machen. Die Straßen füllten sich mit Panzerkolonnen, Geschützen, Munitions- und Nahrungsmitteltransporten. Allein für das Schanzen waren 1 800 000 Kubikmeter Erde zu bewegen. Tagsüber lag die Landschaft ostseitig der Oder in Berliner Richtung friedlich da und glich einer Öde.
Auf der anderen Seite bereiteten sich die Faschisten ebenso auf die zu erwartende Offensive vor. Die 9. Armee sollte die Stadt decken. Von der Oder bis Berlin haben sie ein durchgehendes Verteidigungssystem, das sich für rund- um Verteidigung eignete, installiert. Die Stadt selber mit ihren rund 900 Quadratkilometer Fläche war in 8 Verteidigungszonen plus einer 9. speziellen für das Regierungsviertel, Gestapo und Reichstag, aufgeteilt. Zum Einsatz kamen, SS, Hitlerjugend, Volkssturm, also eigentlich alles was schon, oder noch, laufen konnte. Ganze Wohnviertel und Wohnhäuser wurden zu Festungen, die Bevölkerung vertrieben und die Wohnungen zu Feuerstellungen ausgebaut. Wer nicht mitmachte wurde erschossen und alle Anderen waren den Nazis relativ egal. Insgesamt boten die Faschisten noch einmal 1,4 Millionen Mann auf.
Weil die „Westalliierten“ ernsthafte Ambitionen hegten Berlin allein einzunehmen duldete die Befreiung Berlins durch die Rote Armee keinen Aufschub. Das waren die ersten ernsthaften politischen Differenzen. Auf der Jaltaer Konferenz waren eindeutige Festlegungen getroffen zumal zu diesem Zeitpunkt die sowjetischen Truppen bereits 60 bis 100 km vor Berlin standen.
In jenen Tagen wurde der 75. Geburtstag Lenis vorbereitet und es kam zu zahlreichen spontanen Anträgen von Soldaten aller Waffengattungen zur Aufnahme in die Reihen der KPdSU. Darüber hinaus leisteten die Politorgane der roten Armee hervorragende Arbeit vor allem im Hinblick auf den Umgang mit der deutschen Zivilbevölkerung. Daher auch solche Losungen „Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk bleibt“
Am 14. Und 15. April wurde das Feuersystem des Gegners gewaltsam aufgeklärt. Am 16. April, in den Morgenstunden, um 5.00 Uhr begann die Operation zur Einnahme Berlins. Entlang der gesamten Frontlinie stiegen Tausende Leuchtkugeln auf, 140 Scheinwerfer in je 200 Meter Abstand erhellten das gesamte Gebiet und überraschten und blendeten den Gegner.
Am 1. Mai war Berlin weitestgehend eingenommen und am 2. Mai ergaben sich die Reste der 70 000 Mann starken „Berliner Garnison“. Das Sowjetvolk hatte einen großartigen Sieg errungen. Berlin als das Zentrum des deutschen Imperialismus war gefallen. Die Schlacht dauert 16 Tage und allein bei den Seelower Höhen verloren an die 300 000 Rotarmisten ihr Leben oder wurden verwundet.
Am 7. Mai hatte das deutsche OKW in Reims gegenüber dem Oberkommando der Westalliierten die bedingungslose Kapitulation erklärt. Das war der zweite Wortbruch des Westens. Ausgemacht war, dass Deutschland gegenüber dem Oberkommando aller Länder der Antihitlerkoalition bedingungslos zu kapitulieren habe. Es waren die Völker der Sowjetunion die die Hauptlast an der Zerschlagung des deutschen Faschismus trugen. Und so wurde der Akt der bedingungslosen Kapitulation vor dem Oberkommando aller Länder der Koalition in Berlin Karlshorst am 8. Mai nachgeholt. Am selben Tage trafen auf dem Tempelhofer Flugplatz, von britischen Offizieren bewacht, Keitel, von Friedeburg, Stumpff und Dönitz mit ihren Begleitungen ein. Man brachte sie nach Karlshorst. Dort waren die Offiziere der Oberkommandos aller Teilnehmerstaaten der Antihitlerkoalition vor den Staatsflaggen der Sowjetunion, der USA, Großbritanniens und Frankreichs an einer langen, mit grünem Tuch bedeckten Tafel, versammelt. Die deutsche Delegation wurde in den Raum geführt und am 9. Mai um 0.43 Uhr waren alle 5 Exemplare der Kapitulationsurkunde von den letzten Befehlshabern der Wehrmacht unterzeichnet. Das „Großdeutsche Reich“ war Geschichte. Der Größenwahn des deutschen Imperialismus fand ein Ende.
Von dem einst arroganten und überheblichen Auftretens dieser Herren, die einmal erklärten England und Frankreich in wenigen Tagen durch einen Blitzkrieg niederzuringen und die Sowjetunion binnen 2 Monate zu besiegen, war da nicht mehr viel übrig.
Sofort nach der Einnahme Berlins begann die Rote Armee mit der Wiederherstellung der kommunalen Infrastruktur. Das betraf Wasser-, Elektrizität,- und Gaswerke. Die Westalliierten übernehmen ihre Sektoren mit einer intakten kommunalen Infrastruktur.
Eine Begebenheit soll noch Erwähnung finden. Als Keitel vom Flughafen nach Karlshorst gebracht wurde schaute er aus dem Fenster des Pkw und beklagte die Zerstörungen Berlins mit der Frage, sinngemäß ob denn dies alles nötig gewesen sei. Worauf ihm der begleitende sowjetische Offizier antwortete; ob er denn darüber erschüttert war als auf seinen Befehl hin tausende sowjetische Städte und Dörfer dem Erdboden gleich gemacht wurden und unter deren Ruinen Millionen unserer Landsleute und Zehntausende Kinder begraben wurden.
Infolge der Kämpfe in Berlin waren von 250 000 Gebäuden 220 000 völlig, zur Hälfte oder teilweise zerstört. Mehr als ein Drittel der U-Bahnstationen stand unter Wasser und 225 Brücken sprengten die Nazis in die Luft. Die vorderdringlichsten Aufgaben der Roten Armee bestand zunächst erstmal darin, Brände zu löschen sowie der Leichenbergung und deren Bestattung. Die Stadt war zu entminen. Die Bevölkerung war vor dem Hungertod zu bewahren. Ganze Bevölkerungsgruppen hatten wochenlang überhaupt keine Nahrungsmittel mehr bekommen. Der Kriegsrat der Front der Roten Armee fasste zahlreiche Beschlüsse, unter anderem die Verordnung Nr. 080 vom 31 Mai 1945 über die Versorgung der deutschen Kinder mit Milch. Als erste Hilfe der Sowjetregierung wurden 96 000 Tonnen Getreide, 60 000 Tonnen Kartoffeln, etwa 50 000 Stück Schlachtvieh, Zucker, Fett und andere Nahrungsmittel geliefert und das, obwohl die Sowjetunion selber unter den erheblichen Zerstörungen ihres eigenen Territoriums litt und im Grunde selber Schwierigkeiten hatte ihre eigene Bevölkerung zu ernähren.
G.K. Schukow spricht in seinem Buch von über 20 Millionen gestorbenen Sowjetbürgern. Waldimir Putin sprach im Jahr 2001 im Deutschen Bundestag von 22 Millionen und in anderen Publikationen wird sogar noch eine höhere Zahl angegeben. Aber es handelt sich nur um die gestorbenen Menschen. Wir müssen auch von den Verwundeten, den Traumatisierten und durch Kriegseinwirkung behinderter Menschen, Verschleppten oder Gefolterten sprechen. Also ist es in der Tat so, dass es heute in ganz Russland kaum eine Familie gibt die nicht irgendwie von den Auswirkungen dieses großen Vaterländischen Krieges betroffen ist. Darum verstehe ich sehr wohl die russische Mentalität und deren Wachsamkeit gegenüber Allem was sich derzeit wieder aus den dunklen Löchern wagt, die Überlegenheit der eigenen Rasse, Herrenmenschentum und Hass gegenüber allem Andern predigt.
Und, das haben wir derzeit leider wieder. Zur Vernunft mahnende Persönlichkeiten werden medial hingerichtet, Andersdenkende sowieso, an das Goebbels Propagandaministerium anknüpfend lesen wir heute in den Gazetten wieder solche Überschriften wie „Die kalten Augen der Rotarmisten“. Derzeit reduziert man uns die Zufuhr mit Lebensmittel und ist gerade dabei der Bevölkerung die Energieversorgung zu kappen. Schaden vom Volke abzuwenden (Amtseid) sieht anders aus. Die Siegesfahne der Sowjetunion ist in einigen Bundesländern verboten, ihr zeigen stellt eine Straftat dar. Nun ja, man kann die großen Heldentaten des sowjetischen Volkes damals, die Befreiung von der faschistischen Barbarei, auch so sehen. Dem wäre nichts hinzuzufügen.
Darum, nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus und darum dürfen bürgerliche Demokratien faschistische Regime nie wieder fördern. Nie wieder!
Rainer Hesse
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„Marschall der Sowjetunion G.K. Shukow – Erinnerungen und Gedanken“ Band II, DMV – Deutscher Militärverlag und APN-Verlag Moskau 1969
Titel der Originalausgabe:
Маршал Советского Союза Г.К. Жуков Воспоминания и мысли Москва 1969