Die Schuldfrage am Ausbruch des 2. Weltkrieges ist aber so was von eindeutig.

Am 23. August 1939 kam es in Moskau zur Unterzeichnung eines gegenseitigen Nichtangriffs- und Neutralitätspaktes zwischen dem damaligen Deutschen Reich und der Sowjetunion. Unterzeichnet wurde er vom sowjetischen Volkskommisar für Auswärtige Angelegenheiten Wjatscheslaw Molotow und vom Reichsminister des Auswärtigen Joachim von Ribbentrop. Heute erzählt man uns, dieser Pakt sei umstritten. Dem ist nicht so.

Zuerst will ich in aller Klarheit feststellen, es war der deutsche Imperialismus, welcher den so grausamen Zweiten Weltkrieg entfachte.

Mitverantwortlich waren in herausragender und in besonderer Weise England auch Frankreich und im Hintergrund die USA. 

Man kann ja Stalin alles Mögliche unterstellen, mit Nichten eine Mitverantwortung am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges.

Die Aggressionen des faschistischen Italiens 1935 gegen Äthiopien, die Ereignisse 1936 um die Spanische Republik, welche sich zu einem handfesten Bürger- und Interventionskrieg entwickelten und die Sabotage Englands bei der Arbeit des Nichteinmischungskommitees in London, der Annexion der Republik Österreich am 12. März 1938 sowie den Ereignissen um die Tschechoslowakische Republik, dem offenen Verrat an der Regierung der Spanischen Republik 1939 und der italienische Überfall auf Albanien am 7. April 1939 begründeten die Sorgen der Regierung der Sowjetunion vor einem erneuten Weltkrieg. 

Die Regierung der UdSSR registrierte sehr wohl die Verwicklungen des Westens, allen voran Englands. Am 15. September 1938 empfing Hitler den britischen Premier Chamberlain in Berchtesgarden und am 22. und 23. September traf Chemerlain erneut Hitler persönlich in Deutschland. Der Autor bezieht sich auf die Erinnerungen Iwan Michailowitsch Maiski, von 1932 bis 1943 Botschafter der UdSSR in London, den Erinnerungen Marschall der Sowjetunion Georgi Konstantinowitsch Schukow und Hinweisen aus dem Lehrbuch „Geschichte der UdSSR 1917 – 1970“.  

Ich halte es für angebracht, auf einige wichtige Ereignisse jener Zeit, die am Ende nicht losgelöst und vor allem ausgehend vom Raubfrieden von Brest Litowsk, zu verweisen um ein Gesamtbild zu vermitteln. Als da wären: 

– 5. Mai 1933 Verlängerung des Neutralitätspaktes von 1926 zwischen Deutschland und der UdSSR, 

– Juli 1934 Bekenntniss Churchills zur Zusammenarbeit mit der UdSSR zur Gefahrenabwehr faschistischer Mächte, 

– 1935 Britisch – Deutsches Flottenabkommen, 

– 19. April 1938 englisch – italienischer Freundschaftsvertrag, 

– 28. Mai 1938 der englische Premierminister Ramsay MacDonald Baldwin geht in den Ruhestand, es folgt Neville Chamberlain, 

– 1932/1933 kokketierte Lady Astor noch mit ihrer Freundschaft zur Sowjetunion, später legte sie sich auf ihrem Londoner Landsitz Cliveden einen politischen Salon zu, der später unter dem Begriff „Cliveden Set“ oder „Cliveden Klique“ in die Geschichte einging. Dort versammelten sich die reaktionärsten Kreise des britschen Großbürgertums, der Chefredakteur der Times Geoffrey Dawson, Politiker allen voran Neville Chamberlain, Lord Halifax, Samuel Hoare oder Kingsley Wood, um nur Einige zu nennen. Später mit dabei der US-amerikanische Botschafter in England Joseph Kennedy (Vater von J. F. Kennedy). Der, nebenbei bemerkt, von der Macht Hitlerdeutschlands felsenfest überzeugt war und Zweifel an Englands Überlebensfähigkeit hegte.

Diese illustere Gesellschaft verfolgte eine sogenannte „Befriedungspolitik“. Ihnen war wohl klar, dass ihre militärischen Kapazitäten wohl nicht ausreichend wären, um etwaige faschistische Aggressionen abzuwehren. Man wollte die Aggressionsgelüste des deutschen und italienischen Imperialismus gen Osten lenken. Und, sie spekulierten darauf etwas von der fetten Beute im Osten abzubekommen.

Die UdSSR vertrat, so wie Churchill damals auch, die Meinung, die militärischen und wirtschaftlichen Kapazitäten Englands, Frankreichs und der UdSSR zusammen können den faschistischen Aggresionsgelüsten Einhalt gebieten.  

Die Bemühungen zum Abschluss eines Dreipaktes zur Abwehr faschistischer militärischer Interventionen waren von sowjetischer Seite ernst und aufrichtig. Das kann man jedoch vom Westen gerade nicht behaupten.   

Die Verhandlungen zum gegenseitigen Beistandsabkommen begannen am 17. April 1939 und wurden von westlicher Seite immer wieder verschleppt. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den oben angeführten Fakten von Vertragsabschlüssen mit den faschistischen Mächten sowie geführter Geheimverhandlungen zwischen England und Deutschland über die Aufteilung der Welt in Interessensphären. Trotzdem schaffte man einen nahezu unterschriftsreifen Pakt auszuhandeln. 

Wie ehrlich die englischen Absichten tatsächlich waren, dazu erinnert sich der damalige sowjetische Botschafter in London von einer Unterredung im Juni 1939 zwischen Kinglsley Wood, dem englischen Marineminister und Chamberlain. Er will erfahren haben wie sich Wood bei Chamberlain nach dem Stand der Dreiverhandlungen erkundigt, worauf er diese Antwort erhielt (wörtlich); „… ich habe immer noch Hoffnung, dass es gelingen werde, um die Unterzeichnung dieses unseligen Paktes herumzukommen.“ 

Damit ist eigentlich alles klar. Damit ist erwiesen, wer tatsächlich den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit zuverantworten hat. Hier noch ein Beispiel. Die Sowjetunion bestand auf eine Militärkonvention als Bestandteil des Dreierpaktes. Das ist insofern klar, weil jede der vertragsschließenden Seiten wissen muss, was im Falle einer Aggression gegen einen oder mehrere der Vertragsparteien militärische zu leisten hat. Dazu kommen noch die Umstände der englischen und französischen Garantien gegenüber anderen Ländern, wie Rumänien oder Polen. 

Der Westen lamentierte und wollte der UdSSR die Schuld weiterer Verzögerungen zuschieben. Dennoch kam es am 12. August 1939 zu einer ersten Besprechung zwischen Vertretern der jeweiligen Generalstäbe in Moskau. Während die sowjetische Delegation unter Leitung von Worschilow umfangreiche Verhandlungsvollmachten seiner Regierung vorlegte, hatte General Aimé Doumenc (Frankreich) ebenfalls Vollmachten, zwar nicht so weitreichende wie die der sowjetischen Seite, aber immerhin. Die englische Delegation seiner Majestät hatte gar nichts dergleichen vorzuweisen. Schließlich scheiterte am Ende alles an der Erklärung der polnischen Regierung; keine sowjetischen Truppen auf polnischem Gebiet zu dulden.

Das faschistische Deutschland beobachtet die Verhandlungen über das Dreierbündnis mit wachsender Sorge. Deutschland entwicklete eine hektische und eigentlich überstürzte Diplomatie gegenüber der UdSSR, machte Avancen. Die deutsche Presse hetzte plötzlich nicht mehr gegen die UdSSR. Der deutsche Botschafter Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg, später im Kreis Stauffenberg aktiv, erhielt direkt Eilaufträge durch von Weizsäcker zu sofortigen Sondierungen beim Volkskommisar für Auswärtige Angelegenheiten. Die Deutschen betrieben eine offensive Diplomatie, boten an, Ribbentrop könne sofort nach Moskau fliegen, setzten Fristen und machten weitere Zugeständnisse. 

Als die UdSSR noch immer außerordentlich zögerlich, zurückhaltend und mißtrauisch reagierte, intervenierte Hitler bei Stalin. Im August war der Sowjetregierung klar, die Dreierverhandlungen waren in eine Sackgasse geraten. Es blieb nichts anderes übrig, als auf die deutschen Avancen einzugehen. Denn, was waren die Alternativen? Es hätte zu einer imperialistischen und faschistischen Einheitsfront gegen die UdSSR kommen können, ein Zweifrontenkrieg drohte, zumal gerade der japanische Imperialismus versuchte, sowjetisches und mongolisches Gebiet zu annektieren. 

Am 23. August 1939 haben dann in Moskau Deutschland und die Sowjetunion den gegenseitigen Nichtangriffs- und Neutralitätspakt parafiert. Unterzeichnet wurde er vom sowjetischen Volkskommisar für Auswärtige Angelegenheiten Wjatscheslaw Molotow und Joachim von Ribbentrop. Heute erzählt man uns, dieser Pakt sei umstritten. Dem ist nicht so. 

Die Regierung der Sowjetunion war der Meinung, sich stets loyal gegenüber England und Frankreich verhalten zu haben und dass der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt trotzdem, von seinem Text her, kein Hindernis für ein Zustandekommen eines Dreierpaktes darstellte. Der Deutsch – Sowjetische Vertrag beinhaltete so wichtige diplomatische Formulierungen, führt Maiski aus, wie gegenseitige Konsultationen und Informationen zu strittigen Fragen. 

Schon am 1. September überfiel Deutschand ohne Kriegserklärung Polen. Die polnische Regierung floh und setzte sich nach England ab. Sie lies das polnische Volk im Stich. Und England als Garantiemacht, was taten sie?

Die Wehrmacht rückte bis an die alten polnischen Grenzen von 1917 vor. Am 17. September marschierte die Rote Armee in die ehemaligen russischen Gebiete der Westukraine, den westlichen Gebieten von Belorussland und Litauen, ein. 

Es fanden dort Wahlen statt in deren Ergebnis diese Gebiete der sowjetischen Union beitraten und als Geste der Freundschaft übergab die UdSSR die ehemalige Haupstadt Vilnius, die seit 1920 von den polnischen Pans regiert wurde, an Litauen zurück. Polen existierte nach der Flucht der polnischen Regierung nicht mehr. Es gab Niemanden mehr mit dem man hätte auf polnischer Seite noch verhandeln können. Die beschriebenen Gebiete waren sozusagen herrenlos.

In den Erinnerungen Churchills und anderer westlicher Zeitgenossen von einst versucht man natürlich die Verantwortung für das Scheitern des Dreierbündnisses der UdSSR zuzuschieben. 1948 kam in den USA ein Sammelband heraus, in dem in Berlin erbeutete diplomatische Dokumente präsentiert wurden um ein Doppelspiel der UdSSR zu belegen. Tatsächlich belegen diese Veröffentlichungen gar nichts. Es fehlen wichtige Schriftstücke des Zeitraums vom 17. April bis 14. August 1939 (erster Abschnitt des Sammelbandes). Insgesamt unterschlagen sie 32 Schriftstücke, eines von April, 12 vom Mai, 7 Stück vom Juni, 5 Dokumente aus Juli und 7 Stück vom August. 

Maiski führte darüber hinaus erbittert Klage über eine verfälschte Wiedergabe einer Gespächsnotitz. Die präsentierten deutschen diplomatischen Dokumente, die eben geheime Verhandlungen zwischen der UdSSR und Deutschland belegen sollen, entpuppen sich als gewöhnliche diplomatische Vorgänge. Beispielsweise, nach der deutschen Okkupation der CSSR war zu klären, was mit den sowjetischen Aufträgen bei Skoda werden sollte. 

Damals hatte der Westen allen Grund zu versuchen, sich rein zu waschen. Die Sympatie der englischen und amerikanischen werktätigen Massen für die Sowjetunion war bedeutend. Sie konnten gar nicht anders, denn sonst wäre die Frage der Mitverantwortung an 60 Millionen Kriegsopfern schon damals dort an der Tagesordnung. Tja und warum heute? Der UdSSR eine Mitverantwortung am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zuzuschieben, absurder geht’s nicht. 

Warum machen sie das? Weil heute das alles dazu dient, die wahren räuberischen Absichten des Westens zu verschleiern. Er verfolgt noch heute die gleichen Absichten wie damals. Darum ist das von so außerordentlicher

Bedeutung. Weil nämlich die nun von einem Dritten Weltkrieg bedrohten Bevölkerungen, allen voran gerade die im Westen, wiederum ansonsten unangenehme Fragen stellen würden. Das ist zu vermeiden, weil nämlich ansonsten die gesamte Tragweite an Absurditäten ans Licht käme. Die Resolution 2019/2819 (RSP) des Europäischen Parlaments bedeutet eine völlige Ignoranz der territorialen Unversehrtheit der jungen UdSSR des Jahres 1918. 

Sie soll nichts anderes als den damaligen territorialen Raub von Brest Litowsk legitimieren. Auf der Grundlage welchen Rechtes eigentlich? Beim Überdenken komme ich nicht umhin, mich an einen alten Spruch aus dem Kindergarten zu erinnern „Was ich selber denk und tu, das traue ich auch Andern zu“. Parlamentsbeschlüsse gab es auch im Reichstag bei Hitler. Maßgebend jedoch sind die Nürnberger Beschlüsse des damaligen internationalen Tribunals. Und Achtung; auch die damalige Presse.

 

Rainer Hesse

Volkskorrespondent

DKP Sachsen

Für die Meinungsfreiheit!

Verfassungsbeschwerde gegen Maulkorb für Kriegsgegner eingelegt

Die beiden Vorsitzenden der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), Wera Richter und Patrik Köbele, haben gemeinsam mit dem Juristen Dr. Dr. Ralf Hohmann Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung des § 130 des Strafgesetzbuches eingelegt.

Sie argumentieren, dass die Neufassung des Paragrafen einen Verstoß gegen die grundgesetzlich gesicherte Meinungsfreiheit und die grundgesetzlich vorgeschriebene Bestimmtheit eines Gesetzes darstellt.

Die Verfahrensweise der parlamentarischen Beschlussfassung als sogenanntes „Omnibus-Gesetz“, also als Anhang eines anderen Gesetzes ohne inhaltlichen Bezug wird vor allem deshalb moniert, weil das Gesetz „ohne tiefgehende parlamentarische Befassung durchgepeitscht worden ist“, wie Wera Richter und Patrik Köbele erklären.

<span;>Wera Richter und Patrik Köbele erklären weiter: „Wurde der Volksverhetzungsparagraf in der Vergangenheit viel zu selten gegen die Leugnung und Verharmlosung der Verbrechen des Faschismus eingesetzt, so soll er jetzt als Waffe gegen alle die genutzt werden, die die Aufrüstungs- und Kriegspolitik, die die NATO-Gefolgschaft der Bundesregierung ablehnen. Das ist Teil einer Politik des reaktionären Staatsumbaus, die wir auf allen Ebenen, auch auf der juristischen, bekämpfen. Wir gehen davon aus, dass die Neufassung des Gesetzes verfassungswidrig ist.“


Hier geht es zur vollständigen Erklärung:https://www.unsere-zeit.de/fuer-die-meinungsfreiheit-4782597/ 

„Unbequem“ – für wen?

Das sowjetische Ehrenmal in Dresden erinnert an die Befreier der Stadt. Den Stadtoberen ist es ein Dorn im Auge

Denkmalsturm hat Konjunktur. Das gilt nicht nur für die Ukraine, wo Nationalisten und Faschisten Kulturgüter mit russischen oder sowjetischen Bezügen zerstören. Auch in Deutschland arbeitet das von „westlichen Werten“ beseelte Bürgertum an der Umschreibung der Geschichte. Dabei vereinen sich Russophobie, revanchistische Träume und Heimatfrontgefasel zu einer unseligen Mixtur. Ein anschauliches Beispiel dafür ist der aktuelle Versuch, das So­wjetische Ehrenmal in Dresden neu zu „kontextualisieren“.

Seit seiner Errichtung hat das Ehrenmal eine besondere Bedeutung für Dresden und über die Stadt hi­naus. Es wurde am 25. November 1945 eingeweiht und war das erste sowjetische Denkmal, das nach dem Krieg auf deutschem Boden errichtet wurde. Bis heute erinnert es an die im Kampf getöteten sowjetischen Befreier aus der 5. Gardearmee. Die Inschrift am Sockel lautet übersetzt: „Ewiger Ruhm den Kämpfern der Roten Armee, die in den Kämpfen gegen die deutschen faschistischen Eroberer für die Freiheit und Unabhängigkeit der sowjetischen Heimat gefallen sind.“

Schon im Jahr 1990, im Zuge der Annexion, kamen Überlegungen auf, das Ehrenmal vom belebten Platz der Einheit (heute Albertplatz) zu entfernen. Im Jahr 1994 wurde der Plan in die Tat umgesetzt und das Denkmal auf den Vorplatz des militärhistorischen Museums der Bundeswehr versetzt und damit ins Abseits gestellt. Für eine Weile kehrte Ruhe ein. Im Jahr 2020 berichtete die Stadt dann über den baufälligen Zustand des Ehrenmals.

Ein Jahr später lag ein Sanierungskonzept vor. Dem Stadtrat wurde empfohlen, 126.000 Euro bereitzustellen, um das Ehrenmal zu erhalten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sahen lediglich Reparaturen, aber keine Umgestaltung vor. Doch weitergehende Absichten ließen sich schon damals erahnen. In der Vorlage hieß es, das Ehrenmal zeige „unverkennbar militaristische und idealisierte Darstellungen mit heroischem Pathos und dokumentiert so auch den Charakter des stalinistischen Systems und Besatzungsregimes, indem es als Siegermonument stilisiert wurde“.

Mit dem Haushaltsbeschluss für die Jahre 2023 und 2024 wurden die geforderten 126.000 Euro zur Verfügung gestellt – allerdings nicht für eine Sanierung, sondern für eine „Kontextualisierung“. Was genau verändert werden sollte, wurde nicht definiert, wie aus einem Antrag der FDP geschlossen werden kann, der im Dezember des vergangenen Jahres eingebracht wurde. Dieser fordert die Gründung einer Arbeitsgruppe, um ein „Konzept zur historischen Kontextualisierung“ auszuarbeiten.

In der Begründung setzte die Fraktion die geschichtsvergessene Einschätzung der Stadt fort und erweiterte sie um ein bisschen „Zeitenwende“: „Drei Jahrzehnte nach Abzug der ehemaligen Okkupationsarmee und angesichts des gegenwärtigen Krieges in der Ukraine gibt es im öffentlichen Raum Diskussionen um die weitere Erhaltung des Denkmals“, heißt es darin.
Im März dieses Jahres wurde der FDP-Antrag einstimmig im federführenden Kulturausschuss beschlossen und in den Stadtrat verwiesen. Dort wurde er bereits fünf Mal vertagt, weil der Dresdner Stadtrat seit Monaten daran scheitert, seine Tagesordnung abzuarbeiten.

All das vollzog sich weitgehend jenseits der Öffentlichkeit. Zum Eklat kam es ausgerechnet am 8. Mai 2023. Zur Überraschung der Besucher, die jedes Jahr der Befreiung gedenken, fanden sie das Ehrenmal verändert vor. „Dieses Gebilde ist fragil“, stand auf den rot-weißen Warntafeln, die direkt am Korpus des vorgeblich baufälligen Denkmals angebracht waren. Eine Kunstinstallation, die nach Mitteilung der Stadt auf „die notwendige historische Kontextualisierung“ aufmerksam machen sollte. Damit solle „an die erinnerungskulturellen Bemühungen ‚Unbequeme Denkmäler‘“ angeknüpft werden.

„Wer sich der Auseinandersetzung damit verweigert, versteht die Zeichen der Zeit nicht“, erklärte Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch von der Partei „Die Linke“.
Die „Zeichen der Zeit“ verstanden die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sehr wohl. Augenzeugen berichteten empört von der städtischen Veranstaltung, bei der revisionistische Erzählungen, „Performance Art“ und die Erklärung, dass das Denkmal unverständlich wäre, weil niemand Kyrillisch lesen könnte, eine Rolle spielten.

Nur zwei Tage später, in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai, wurden die Warnschilder von Unbekannten entfernt. Eine politische Diskussion darüber, wie das Ehrenmal zukünftig in Szene gesetzt werden soll, wurde bis heute nicht organisiert. Der Antrag der FDP stand zuletzt am 6. Juli auf der Tagesordnung des Dresdner Rates – er wurde erneut vertagt.

Augustkämpfe 1919 in Chemnitz

Zeitzeugen jener Tage vor knappen 100 Jahren sprachen vom “Chemnitzer Blutbad” oder auch vom “Schwarzen Freitag” – es war Klassenkampf in Chemnitz –  herausgefordert von Freikorps und Reichswehr, begünstigt von der ambivalenten Haltung der SPD-Reichsführung bzw. Reichsregierung gegenüber einer Überführung Deutschlands in eine demokratische Staatsform. 

Diesen Auseinandersetzungen setzten die republikanisch – revolutionären Kräfte damals in Chemnitz einen eigenen Stempel auf, ähnliche Versuche gab es auch in anderen Teilen Sachsens.

Was man auf den ersten Blick hin vielleicht als heroisches und dramatisches Ereigniss im Gedächtnis bewahren könnte, wurde von anderen als eine erwiesene “kommunistisch provozierte Revolte” denunziert.
(Erst drei Tage zuvor trat in Deutschland die Weimarer Verfassung in Kraft.)

Doch die Ereignisse danach haben ihren überschaubaren Ausgangspunkt in den Novemberereignissen von 1918 und reichten weiter bis an das Jahr 1925 heran, als man sich gerechterweise beim Besuch des Denkmals von Hanns Dietrich mit den 65 “Augustkämpfern” auf dem Bahnhofsvorplatz zu erinnern vermag.

Und dennoch hatte in diesem Zeitraum eine Arbeiterpersönlichkeit Prägendes geleistet, was seit 1989 kaum noch im Stadtbild von Chemnitz zu erkennen ist – Fritz Heckert (1884 – 1936).

Unzufriedenheit und und Empörung wegen unerschwinglichen Lebensmittelpreisen bzw. ersatzweise angebotenen Grundnahrungsmittel und, wie sich herausstellte, auch künstliche Verknappung von Butter, richtete sich zunächst gegen in der Stadt lange ansässige jüdische Händler.

Gerüchte von Schiebern und Lebensmittelhändlern machten diese dafür verantwortlich, wie immer.  
Tage zuvor drang ein aufgebrachter Mob in Geschäfte und Lokale ein, sogar Gefangene aus dem Kaßberg Gefängnis sollen befreit worden sein.
Vereinzelt bildeten sich Bürgerwehren, darunter z.B. auch mit ehemaligen jüdischen Kriegsteilnehmern, die ihre patriotische Pflicht in der Verteidigung der Republik sahen.

Die Chemnitzer Bürger bzw. Arbeiterschaft begegnete dieser komplizierten Situation mit der Wahl von Vertretern (SPD, KPD und USPD), die einigen Hungerdemonstrationen, auch vor dem Chemnitzer Rathaus vorangingen und sich, nach Missachtung der Stadtherren, zur Überprüfung der Lebensmittelgeschäfte und zur Herabsetzung der Preise an Kommissionen beteiligten. Zugleich forderten sie die zusätzliche Herausgabe von Butter, Zucker und Kartoffeln.

Ein Teil der Demonstranten blieb natürlich auch der Arbeit in einigen Betrieben fern.
Die Empörung war groß, aber zu keiner Zeit gab es Lust auf Randale und Krawall.

Zudem machte die sozialdemokratische Presse vor allem innerhalb der Arbeiterschaft ihren Einfluß zur Zurückdrängung der antijüdischen Stimmung geltend – “Laßt Euch nicht provozieren!” (1933 gab es dafür in der Stadt keine Chance mehr.)

Das musste die  “Staatsmacht” auf den Plan rufen.
Zunächst griffen in der Stadt stationierte Reichswehrsoldaten ein, denen dann drei herangeführte Reichswehr Bataillone aus Döbeln, Leisnig und Zeithain nach Chemnitz folgten. Da diese zwar angekündigt aber entgegen vorheriger Zusicherungen schon auf dem Chemnitzer Bahnhof “absaßen”, statt in Hilbersdorf, mussten die Demonstranten einen verschärften Belagerungszustand in ihrer Stadt wegen „Lebensmittel Krawallen“ sehen.

Mit ihrer Vermutung, dass die Bildung der sogenannten “Dreizehner Kommission” von der sächsischen Reichsregierung als Bedrohung der “Republik” angesehen wurde und in “Chemnitz Ordnung zu schaffen hatten”, lagen viele Chemnitzer Bürger richtig.

Nachdem sich einige junge Soldaten der noch vorläufigen Reichswehr in Chemnitz weigern, gegen die Chemnitzer Bevölkerung vorzugehen,  richteten sich dann tatsächlich von angrenzenden Gebäuden des Bahnhofs und vom Bahnhof selbst Gewehrschüsse von Reichswehrsoldaten auf Chemnitzer Demonstranten, die sich zuvor friedlich zu etwa Eintausend in der Innenstadt auf dem damaligen “Königsplatz” einfanden. Die Menge reichte knapp bis an den Bahnhofsvorplatz heran.

Unbewaffnet leistete ein Teil von Ihnen Gegenwehr, indem ihnen Überrumpelungen gelangen, einige Waffen in Besitz nahmen und einige Reichswehrsoldaten festsetzten.
Dennoch ließen 36 Chemnitzer Bürger, darunter auch Kinder ihr Leben, 22 Reichswehroffiziere kamen zu Tode – auf beiden Seiten waren über 100 Verletzte zu beklagen.

Diese letzte blutige Auseinandersetzung bis zur Machtübergabe der Weimarer Republik an die NS-Diktatur 1933 endete in Chemnitz am 9.8. 1919 mit Verhandlungen der sogenannten “Dreizehner Kommission” in einem Raum der Gaststätte “Linde” in der damaligen Königstrasse (in etwa Straße der Nationen /Theaterplatz) mit dem Reichswehr-Brigadekommando und einem Regierungsbeauftragten.
Sie verhandelten auch bereits vorher in Dresden.

Zwei Tage später wurden die Belagerungsmaßnahmen aufgehoben, die Zurückziehung der Regierungstruppen und die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert.
Die “Dreizehner Kommission” sichert zu, sich für die “Aufrechterhaltung der Ordnung” einzusetzen. Von einem Generalstreik wurde abgesehen.

Dennoch kehrten am 19. August 1919 Einheiten der zwischenzeitlich anerkannten Reichswehr mit größerer Personalstärke und mit schwerer Bewaffnung nach Chemnitz im Unternehmen “Sommerreise” zurück. Zudem kreisten über Chemnitz Militärflugzeuge und Panzerzüge fuhren in einige Bahnhöfe ein. Chemnitz stand unter Militärgewalt.

Der bei den Chemnitzer Arbeitern einmal beliebte SPD-Politiker Gustav Noske saß nunmehr mit deren Mandat in der Nationalversammlung und bekleidete die Funktion des Reichswehrministers. (“Einer muß der Bluthund sein!”)

Die erneute Besetzung der Stadt wurde für Durchsuchungen und Verhaftungen genutzt. Zu den Verhafteten gehörte auch Fritz Heckert, der nach der Haft – ohne Anklage und Urteil – am 10.01.1920 aus der Festung auf Königstein entlassen und 1920 von der Stadt Chemnitz ausgewiesen wurde. Aufgrund akuter Gefahr (“Schlagt ihre Führer tot”) ging Heckert kurz in die Illegalität, wurde aber erneut inhaftiert.
Fritz Heckert war Mitbegründer der KPD, der Name dieser Partei ging auf seinen Vorschlag zurück.

In Chemnitz selbst sowie in anderen sächsischen Arbeiterzentren bildete sich als Reaktion auf das Vorgehen der Reichsregierung und gegen die “Regierungssozialisten” eine sogenannte “Chemnitzer Richtung” in der Sozialdemokratie heraus, begünstigt durch ein enges sozialdemokratisches und gewerkschaftliches Netzwerk. Sie stellte eine außergewöhnlich weit nach links tendierende Position innerhalb der SPD dar. (“Anti-Noske Effekt”).
Die so genannte Chemnitzer Richtung bestand unter Existenz eines rechten Flügels. Das Charakteristische für die Chemnitzer Richtung ist ein starkes Misstrauen gegen alles Rechte in der Parteienlandschaft.

Am 10.Oktober 1923 wird Fritz Heckert Wirtschaftsminister der SPD-Minderheitsregierung, der immerhin ersten Arbeiterregierung Sachsens und bleibt es für 19 Tage, bis sie Reichspräsident Ebert des Amtes enthebt.
Eine Namensgeberin einer Straße in unserer Stadt kannte ihn gut als Parteiführer, Parlamentarier und Abgeordneten im Arbeiter – und Soldatenrat – Marie Tilch, die erste Stenotypistin der Arbeiterzeitung “Kämpfer”, gegründet als linke Alternative zur sozialdemokratischen “Volksstimme” im November 1918.

Später wird die Gestapo über Fritz Heckert befinden, dass er neben Ernst Thälmann der tatsächlich einflussreichste Parteiführer war.
1932 spricht er zusammen mit Ernst Thälmann bei einer Masssenkundgebung im “Volkshaus” (jetzt Haus “Einheit”). 1933 wird er ausgebürgert. Ein drittes Mal in Haft – wegen Hochverrat – erringt er ein Mandat für den Reichstag.
(Von 1950 bis 1989 trug der jetzige Falke-Platz in Erinnerung seiner Verdienste um die Chemnitzer und die Stadt seinen Namen.)

Diese Ereignisse gaben Auftrieb für das “rote Sachsen, für das “rote Chemnitz”, in dem die SPD eine wichtige Rolle spielte – und Fritz Heckert.

Dafür steht, daß der Reichspräsident, selbst SPD-Mitglied, nach den “Augustkämpfen 1919” mit Gewalt eine 1923 in Dresden entstandene Koalition der SPD-Regierung unter Tolerierung der KPD auseinander trieb.
Sie wollte den Sozialstaat eher ausbauen und die Demokratie konsolidieren, während die Große Koalition in Berlin eher einige sozialpolitische Ergebnisse der Revolution abschaffen wollte.

In verschiedenen sächsischen Städten so in Freiberg, Zwickau und in Chemnitz ging die Reichswehr im Oktober 1923 auf persönlichen Befehl des Reichspräsidenten, aber unter verfassungsmäßigen Zuständen gewaltsam vor, tötete und verletzte Kommunisten, besetzte Volkshäuser und Parteibüros, verbot Versammlungen und kontrollierte das öffentliche Leben. Die seit einiger Zeit bestandenen “Proletarischen Hundertschaften”, gegründet zur Begegnung des befürchteten “Hitlerputsches”, des “Marsch auf Berlin”, wurden schon am 16. Oktober verboten.   

Kurze Zeit später werden Hitlers Nazi – Putschisten in München, wenn auch erfolglos, das erste Mal ein demokratisches Staatswesen offen angreifen und eine nationalsozialistische Diktatur errichten.
Bayerische Völkische Kräfte von Reichswehr und SA  formierten einen militärischen „Grenzschutz“, um zugleich im benachbarten Sachsen eingreifen zu können. Es waren schon 1919 bayerische Polizisten, die Fritz Heckert mit sächsischem Haftbefehl in “Gewahrsam” nahmen.    

Trotz aller Diffamierungen:
Noch während des demokratischen Neuaufbaus in unserer Stadt wird das verantwortungsbewusste Handeln der damaligen „Dreizehner Kommission” als Aktionsausschuss von Arbeiterparteien wachgehalten.
Historiker in der BRD der heutigen Zeit kommen nicht umhin. diese Zeit der SPD – Minderheitenregierung unter Tolerierung der KPD als linksrepublikanisches Projekt zu bezeichnen.


Peter Blechschmidt


Zur Ehrung der gefallenen Arbeiter während der Augustkämpfe 1919 wurde 1977 ein Denkmal von dem Bildhauer Hanns Diettrich vor dem Chemnitzer Hauptbahnhofs errichtet.

Inschrift auf der Hinterseite:
„Ruhm und Ehre Euch Helden der Augustkämpfe 1919 gegen Reaktion und Krieg

Linus Max Bottcher
Max Arno Eber
Emil Gustav Felber
Paul Erich Fichtner
Michael Gustav Frünke
Ferdinand Karulasch
Friedrich Alfred Kempe
Ernst Hermann Nimsky
Eduard Max Pollmer
Oskar Karl Rauscher
Albert Emil Richter
Friedrich Adolf Sachse
Franz Steiniger
Erich Bruno Steinert
Eugen Max Stopp
Hugo Walter Uhlig
Ida Martha Vogel
Arthur Arno Warg“