Gerechter Frieden im Nahen Osten – die Lage in Israel und Palästina

Veranstaltung der DKP mit Genossin Reem Hazzan von der Israelischen Kommunistischen Partei

Am 10. Januar fand eine Veranstaltung der DKP zum Thema

„Gerechter Frieden im Nahen Osten – die Lage in Israel und Palästina“

mit Genossin Reem Hazzan von der Israelischen Kommunistischen Partei statt. Sie legte dar, welche Entwicklungen notwendig wären, um zu einem gerechten Frieden zu kommen. Auch wenn es aktuell einen Waffenstillstand gibt, kann nicht von einer Lösung des Problems im Sinne der Völker die Rede sein.

Ende des Völkermords?

(von Manfred Ziegler)

Hamas und Israel einigen sich auf Waffenstillstand – vorerst

Nach Monaten über Monaten unablässiger Bombardierungen und Kämpfe in Gaza, nach zehntausenden Toten unterschrieben die Vertreter der Hamas und Israels in Doha, der Hauptstadt von Katar, ein Waffenstillstandsabkommen.

Austausch der Geiseln, Befreiung von Palästinensern aus israelischer Haft, weitgehender Rückzug der israelischen Armee – auch aus dem Philadelphia-Korridor, was Israel lange Zeit verweigert hatte: das sind Kernpunkte in der ersten Stufe des Abkommens. Und, für die Menschen in Gaza das Wichtigste: Jeden Tag sollen 500 Lkw mit Hilfsgütern den Grenzübergang Rafah passieren, die Menschen können wieder zurückkehren – an die Trümmer ihrer Wohnorte.

Das Abkommen, das jetzt unterschrieben wurde, entspricht im Wesentlichen und bis auf einige jetzt geklärte Details dem, was vor Monaten schon ausgehandelt worden war. Doch hat die neu ins Amt kommende US-Regierung sehr viel mehr Druck auf Israel ausgeübt, das Abkommen zu unterschreiben, als es zuvor Joseph Biden getan hatte.

Donald Trumps Sondergesandter für den Nahen Osten, Steve Witkoff, nahm an den Verhandlungen in Doha teil und wollte das Ergebnis Benjamin Netanjahu vorstellen, der aber angeblich wegen des Sabbat keine Besprechung annehmen konnte. Witkoff machte daraufhin sehr deutlich, dass ihm der Sabbat gleichgültig sei.

Trump hat offenbar andere Ziele, als den Genozid in Gaza zu unterstützen. Saudi-Arabien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate orientieren sich auf BRICS. Der andauernde Genozid in Gaza wäre keine gute Voraussetzung für den Versuch, sie wieder verstärkt auf die USA zu orientieren.

Dass Israel jetzt das Abkommen unterschrieb (die Abstimmung im Kriegskabinett steht noch aus), liegt auch am Wiedererstarken der Hamas. Die Verluste der Besatzungsarmee in Gaza sind in den letzten Wochen gestiegen. Wieder und wieder muss sie die selben Gebiete besetzen, um die Hamas zu vertreiben. Das Ziel, die Hamas zu zerstören, ist für Israel nach wie vor unerreichbar.

Der Waffenstillstand hätte schon vor Monaten vereinbart werden müssen, doch scheiterten die Versuche jedes Mal. Das lag nicht nur an Netanjahu und seiner Forderung, den Philadelphia-Korridor dauerhaft zu besetzen. Oder dem Plan einer Gruppe von Generälen – dem Netanjahu zustimmte –, den Norden von Gaza buchstäblich auszuhungern.

Auch der rechtsradikale Minister Itamar Ben-Gvir prahlte kürzlich damit, mit seinem politischen Einfluss und der Macht seiner Partei in der Regierung „wieder und wieder“ die Verhandlungen um den Waffenstillstand blockiert zu haben. Das jetzige Abkommen stellt für ihn – wie für viele Kommentatoren in Medien – eine israelische Niederlage dar. Sollte das Kabinett zustimmen, will er die Regierung verlassen.

Ob mit oder ohne Ben-Gvir, Bezalel Smotrich, Netanjahu und ihren Anhängern: ein andauernder Waffenstillstand ist mit der jetzigen Vereinbarung nicht gegeben.

Die erste Stufe des Abkommens gilt für sechs Wochen. In einer zweiten, daran anschließenden Stufe sollen weitere Geiseln ausgetauscht und weitere Details geklärt werden. Solange diese Verhandlungen andauern, bleiben auch die Regeln aus Stufe 1 in Kraft. Die Garantiestaaten des Abkommens, Katar, Ägypten und die USA, sollen dafür sorgen, dass die Verhandlungen andauern und erfolgreich abgeschlossen werden. Eine Garantie dafür gibt es nicht.

Finanzminister Smotrich fordert schon jetzt eine Wiederaufnahme des Krieges unmittelbar nach dem Ende der ersten Stufe des Abkommens. Womöglich hat er hierfür bereits die Zustimmung Netanjahus erhalten.

Erklärung der DKP zur Eskalation der Gewalt zwischen Israel und Palästina

Kriminelle Besatzungspolitik ist Ursache – eine politische Lösung ist notwendig

Seit dem 07. Oktober greifen palästinensische bewaffnete Kräfte aus dem Gazastreifen Israel an. Für die israelische Armee offenbar völlig unerwartet, beschossen sie Armeestellungen und israelische Siedlungen auf besetztem Gebiet. Raketen schlugen in israelischen Städten ein. Zudem durchbrachen die Palästinenser die Blockade des Gazastreifens und zerstörten israelische Panzer. Im Grenzgebiet   gab es Opfer unter der Zivilbevölkerung, es wurden Gefangene genommen und Menschen verschleppt.

Diese  Offensive ist eine unmittelbare Folge jahrzehntelanger aggressiver Unterdrückung Israels. Diese Kolonial- und Apartheidspolitik ist gekennzeichnet durch die völkerrechtswidrige Besatzung palästinensischen Gebiets, die Zerstörung palästinensischer Dörfer sowie die Inhaftierung und Tötung von Palästinensern, darunter auch vieler Kinder. All dies wurde vom UN-Sicherheitsrat vielfach verurteilt. Verbindliche Maßnahmen jedoch von den USA verhindert.

Vor dem Angriff der Palästinenser wurden allein in diesem Jahr über 200 Palästinenser getötet, mehr als 1.000 sitzen in administrativer Haft, das heißt sie sind eingesperrt ohne Gerichtsverfahren oder Zugang zu den Anklageakten. In den letzten Wochen kam es vermehrt zu Übergriffen israelischer Siedler auf Palästinenser. Außerdem wurde die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem angegriffen.

Die israelische Regierung erklärte inzwischen den Kriegszustand. Der Gaza-Streifen ist abgeriegelt und von der Stromzufuhr als auch von allen Warenlieferungen abgeschnitten.  Über 1.000 Tonnen Bomben wurden von der israelischen Armee in ersten Angriffswellen auf das äußerst dicht besiedelte Gebiet abgeworfen. Es gibt bereits mehrere hundert Tote auf beiden Seiten.

Die westlichen Staaten, darunter die Bundesregierung, stellten sich sofort auf die Seite der israelischen Kolonialmacht. Die Regierungsparteien und die CDU sprechen in einer gemeinsamen Erklärung von „abscheulichen Verbrechen“ und „nichts zu rechtfertigendem Terror“ von Seiten der Palästinenser. Über den Terror der israelischen Besatzungsmacht gegen Palästinenser dagegen wurde in der Vergangenheit im allgemeinen billigend geschwiegen.

Gleichzeitig wird hart gegen Palästinenser und ihre Unterstützer in der BRD vorgegangen. Hilfen für palästinensische Gebiete sollen „auf den Prüfstand“. Wer dem offiziellen Narrativ widerspricht, wird mit dem Antisemitismus-Vorwurf mundtot gemacht. Der Bayrische Rundfunk und der Sender Arte kündigten etwa an, den freien Journalisten Malcolm Ohanwe nicht mehr zu beauftragen, da er kritische Fragen zur Ursache der Gewalteskaltion gestellt hatte. Aus der CDU kommen schon die Rufe nach Abschiebungen von Unterstützern der Palästinenser.

Wir halten fest: Die Verantwortung für die Eskalation, für die Toten auf beiden Seiten, liegt bei der rechtsextremen israelischen Regierung und ihrer Apartheids-, Kolonial- und Besatzungspolitik. Mitverantwortlich sind die imperialistischen Unterstützer dieser Politik, darunter auch die Bundesregierung. Der Kampf des palästinensischen Volks reiht sich ein in die antikolonialen Kämpfe, die angesichts veränderter weltweiter Kräfteverhältnisse zugenommen haben.

Dieser Krieg und dieses Blutvergießen kann nur ein Ende finden, wenn die Rechte der Palästinenser auf ihr Land und einen Staat durchgesetzt werden. Eine politische Lösung ist notwendig und dann möglich, wenn die israelische Besatzungspolitik ein Ende findet.

Die DKP ist solidarisch mit dem palästinensischen Volk und seinem jahrzehntelangen Kampf.

Wir erklären unsere Solidarität mit den Friedenskräften in Israel, insbesondere der KP Israels, die den Mut haben, in dieser Situation deutlich zusagen, dass die „kriminelle Besatzungspolitik“ der israelischen Regierung die volle Verantwortung für die Eskalation der Lage trägt.

Wir stimmen mit unseren Genossinnen und Genossen der KP Israels völlig überein, die erklären:
„Die Ereignisse zeigen, in welche gefährliche Richtung die Netanjahu-Regierung und die Siedler die gesamte Region führen, und unterstreichen einmal mehr, dass es keinen Weg gibt, den Konflikt zu verwalten oder ihn militärisch zu lösen – es gibt nur eine Lösung: die Beendigung der Besatzung und die Anerkennung der legitimen Forderungen und Rechte des palästinensischen Volkes. Die Beendigung der Besatzung und die Schaffung eines gerechten Friedens sind ein eindeutiges und gemeinsames Interesse der beiden Völker in diesem Land“.